Ihre bislang beste Platzierung erzielte die Profi-Sportlerin in Stuttgart mit Doppelpartnerin Yafan Wang. Der Sieg gegen die Tennis-Größen Andrea Petkovic und Angelique Kerber im Viertelfinale brachte Vivian von Rang 188 auf 143 der Weltrangliste.
Seit zehn Jahren unterstützt die Ammerländer Versicherung die Profi-Tennisspielerin als Sponsor. Was Wimbledon für Vivian bedeutete, wie sie zum Tennis gekommen ist und was sie noch vorhat – darüber haben wir mit der sympathischen Wiefelstederin gesprochen.
Wie müssen wir uns dein Leben als Profi-Tennisspielerin vorstellen, Vivian?
Aufregend, auf jeden Fall. Von März bis Juli 2020 wurden die Turniere wegen Corona ausgesetzt. Ab August habe ich auf WTA-Ebene (Anmerkung: Women’s Tennis Association. Die Vereinigung der Profi-Tennisspielerinnen) wieder die ersten Turniere gespielt. Meine einzige Chance, Weltranglistenpunkte zu bekommen und Preisgeld zu gewinnen.
Während der Tour leben wir in einer „bubble". Wie in einer Blase. Es gibt ein offizielles Spielerhotel, in dem wir bleiben müssen. Nach dem PCR-Test wartet man dort im Zimmer auf das Ergebnis. Danach folgen die Akkreditierung, das Training und das Spiel. Alle drei bis 5 Tage wird der Test wiederholt. So war es die letzten Monate für mich.
Hast du ein Ritual vor jedem Spiel?
Nein, aber eine Warm Up Routine. Ich bin mindestens 1 Stunde vor dem Spiel auf der Anlage, gewöhne mich ein und wärme mich auf. Ich brauche diese Zeit, um meine Ruhe zu finden.
Dein größter sportlicher Erfolg bisher?
Das Halbfinale in Stuttgart. Das war mein absolutes Karrierehighlight. Bis dahin hatte ich noch keinen WTA-Sieg. Ich kam aus einer Verletzung, hatte drei Monate nicht gespielt. Und dann der Sieg gegen Andrea Petkovic und Angelique Kerber. Das hat mich in der Weltrangliste weit nach vorne geschossen.
Was treibt dich an?
Ich war von klein auf ballverrückt. Mit Sieben bin ich über eine Nachbarin zum Tennis gekommen. Ich habe früher aber auch Fußball und Handball gespielt. Irgendwann aber gemerkt, dass ich die Tore lieber allein mache, als den Ball abzugeben. Ich konnte und kann schlecht verlieren. Also habe ich mich gegen eine Mannschaftssportart entschieden und für Tennis.
Gab es ein Schlüsselerlebnis auf deinem Weg zum Tennisprofi?
Ich war neun Jahre alt und Papa hat Wimbledon geguckt. Ich habe zu ihm gesagt: „Da will ich auch mal spielen.“ Er meinte: „Da spielen aber nur die Guten, Vivi.“ Dann werde ich gut, war meine Antwort.
In Wimbledon zu spielen, ist mein Kindheitstraum. Dass ich mich nun in Paris dafür qualifiziert habe, das ist was ganz Besonderes für mich.
Gibt es besondere Wegbegleiter für dich?
2014 habe ich meinen Mann kennengelernt. (Anmerkung: Lauris Heisen ist Basketball-Spieler, Personal Coach und Fitnesstrainer.) Ich war damals verletzt und unsicher, ob ich noch weiter als Profi spielen kann. Lauris meinte: „Komm, wir machen das gemeinsam.“ Seither kommt er mit zu den Turnieren. Mir hilft es sehr, mit ihm zu reden. Er ist Sportler wie ich und kennt die Emotionen. Er unterstützt mich sehr. So wie meine Eltern auch. In Wimbledon werden alle dabei sein. Das wird toll.
Hast du ein Lebensmotto?
Glaube nicht an den Erfolg, sondern an die Chance auf den Erfolg. In jedem Match hat man die Chance zu gewinnen.
Im Tennis ist der mentale Aspekt entscheidend. 500 bis 1 – hier kann jeder jeden schlagen. Über ein Jahr lang 25 Matches konstant gut zu spielen. Immer wieder frisch zu werden. Oft allein unterwegs zu sein. Damit klarkommen. Das ist entscheidend.
Wobei entspannst du am besten?
Ich koche und backe sehr gerne. Auf den Markt zu gehen und Lebensmittel frisch einzukaufen. Das vermisse ich am meisten, wenn ich unterwegs bin.
Welche Tipps hast du für junge Talente?
Immer dranbleiben, auch wenn es schwer ist. Ich hatte zwischen 18 und 21 viele Verletzungen. Trotzdem habe ich immer an meinen Traum geglaubt. Außerdem verliert man im Tennis jede Woche. Das sollte man wissen und aushalten können. Und man braucht einen starken Rückhalt. Eltern sind in dem Alter sehr wichtig. Meine Eltern haben mich mit Zehn allein zum Training in die Türkei reisen lassen. Ich war bereit, von Zuhause wegzugehen und am Ende stolz auf mich.
Vivian in 10 Jahren - wie stellst du dir dein Leben 2031 vor?
Ich mache ein Fernstudium „BWL für Leistungssportler“ an der Uni Oldenburg. Inzwischen kann ich mir aber auch gut vorstellen, Kinder zu trainieren. Ich hatte in der spielfreien Zeit großen Spaß daran. Das Training mit den Kids hat mir geholfen, leichter mit mir und meinen Fehlern umzugehen. Ich habe mich in ihnen gesehen. Ich kann mir gut vorstellen, selbst Kinder zu haben und sie zu trainieren.
Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Gespräch genommen hast, Vivian.
Wir drücken dir für Wimbledon ganz fest die Daumen!